Was kommt mit der EU-Taxonomieverordnung auf Unternehmen zu?

Die EU-Verordnung behandelt das Thema nachhaltige Investitionen und definiert Kriterien für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, die für Unternehmen und Akteure des Finanzsystems gelten.
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Was ist die EU-Taxonomieverordnung?

Seit dem 1. Januar 2022 ist die EU-Taxonomieverordnung in Kraft getreten, an deren Ausgestaltung jahrelang gefeilt wurde. Die EU-Verordnung behandelt das Thema nachhaltige Investitionen und definiert Kriterien für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, die für Unternehmen und Akteure des Finanzsystems gelten.

Anhand der Kriterien der Taxonomieverordnung kann bestimmt werden, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig eingestuft werden kann und so der Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition in diese Tätigkeit ermittelt werden. Ziel ist es, Investitionen in ökologisch nachhaltige Aktivitäten zu fördern.

Insgesamt soll das Klassifizierungssystem der EU-Taxonomie ein einheitliches Verständnis der Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten schaffen.

Wer ist von der EU-Taxonomieverordnung betroffen?

Die Verordnung richtet sich an:

  • die gesamte EU sowie ihre Mitgliedsstaaten
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen
  • Unternehmen, die zur Veröffentlichung nichtfinanzieller Erklärungen verpflichtet sind

Die Verordnung wird angewendet bei:

  • Kreditgeschäften
  • Wertpapiergeschäften
  • sonstige Kapitalanlagen (Investitionen in Aktien, Unternehmen oder Immobilien)

Die Finanzmarktteilnehmer und Unternehmen werden durch die Verordnung verpflichtet, über den Anteil an ökologisch nachhaltigen Investitionen in ihren Portfolios zu berichten, beispielsweise wenn sie ein Finanzprodukt als ökologisch vermarkten möchten.

Die Verordnung stellt einen wichtigen Baustein innerhalb des European Green Deal dar, der die Klimaneutralität der Staatengemeinschaft im Jahr 2025 zum Ziel hat. Durch die Förderung privater Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte soll dazu ein Beitrag geleistet werden.

Die EU-Nachhaltigkeitstaxonomie legt also branchenspezifische Kriterien für nachhaltiges Wirtschaften fest und bietet eine Liste von Wirtschaftstätigkeiten und relevanten Kriterien zur Überprüfung ihres Beitrags zu Klima und Umwelt. Der final delegierte Rechtsakt der Taxonomieverordnung wurde von der Europäischen Kommission veröffentlicht, welche die konkrete Ausgestaltung der Verordnung jedoch der Technical Expert Group (TEG) übertragen hat.

Die Rolle der Taxonomieverordnung im European Green Deal

Die letzte Einigung der europäischen Staaten zur Klimaneutralität der EU fand im Jahr 2019 statt. Dabei wurde sich auf den Vorschlag eines europäischen Klimagesetzes zur Verwirklichung einer CO2-neutralen Europäischen Union bis 2050 geeinigt. Ein großes Ziel ist dabei die Veränderung des aktuellen globalen Wirtschaftssystems, beispielsweise durch Beschlüsse wie das Pariser Klimaabkommen, die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN oder das Klimaschutzprogramm der deutschen Bundesregierung. Zur Erreichung dieses Zieles sind beispiellose nachhaltige Investitionen in die Transformation und den Umbau des Systems notwendig.

Während der Debatten zum European Green Deal hat auch die Frage nach der Möglichkeit von Nachhaltigkeit im Finanzwesen in der Europäischen Union in den letzten Jahren immer mehr an Wichtigkeit gewonnen. Infolgedessen wurde also auch der Finanzmarkt in das gesellschaftliche Umdenken und das neue Bewusstsein für ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften eingeschlossen. Dies ist grundsätzlich eine positive Entwicklung, jedoch fehlte lange Zeit ein geeigneter Rahmen, der festlegt, welches Finanzprodukt tatsächlich nachhaltig ist und welches nicht. Hier kommt jetzt die Taxonomieverordnung als detailliertes Klassifikationssystem für die Finanzakteure und Unternehmen ins Spiel.

Um den bereits in der Einleitung erwähnten Handlungsbedarf im Bereich „grüne Finanzierung“ gerecht zu werden, wurde mit einem Aktionsplan („Sustainable Finance Action Plan“) ein wichtiger Schritt gegangen. An dessen erster Stelle steht eben die Taxonomieverordnung, die mit ihrem Regelwerk für klimabezogene sowie umwelt- und sozialpolitische Tätigkeiten Standards setzen soll.

Der Taxonomie-Kompass und die Umsetzung seiner Ziele

Die Kriterien für Nachhaltigkeit und Regeln der EU-Verordnung wurden von der Kommission in einem vereinfachten Taxonomie-Kompass aufbereitet. Damit sich eine wirtschaftliche Investition nachhaltig nennen darf, muss die wirtschaftliche Aktivität, beispielsweise die Investition in eine neue Produktionsanlage zu mindestens einem von sechs Umweltzielen beitragen. Als nachhaltig gilt ebenfalls nur, wer neben dem positiven Beitrag zu einem der Ziele auch keinem der anderen Ziele widerspricht oder es beeinträchtigt.

Die sechs Ziele des Taxonomie-Kompasses

  1. Klimaschutz (Bekämpfung des Klimawandels)
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- & Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Generell gilt die Erfüllung der Umweltziele für alle Akteure und Unternehmen, die von der Taxonomieverordnung betroffen sind.

Investments müssen im Rahmen der Taxonomieverordnung ebenso soziale Mindestbedingungen, beispielsweise Schutz der Menschenrechte und technische Prüfbedingungen erfüllen. Wirtschaftliche Aktivitäten, die mit Kohle zusammenhängen, werden von vorneherein ausgeschlossen, da Kohle als Energieträger nicht als nachhaltig und „grün“ eingestuft wird und somit auch nicht in die Taxonomieverordnung aufgenommen wurde.

Von den sechs definierten Umweltzielen der Verordnung sind bisher jedoch nur die ersten beiden Ziele abschließend definiert. Daher ist die Verordnung bisher auch nur für die Ziele der Bekämpfung des Klimawandels und der Anpassung an den Klimawandel zum Jahresanfang 2022 in Kraft getreten. Andere heikle Punkte in der Verordnung sind noch ungeklärt, dazu gehören beispielsweise die Frage nach der Aufnahme von Erdgas oder Atomkraft in die Taxonomie. Für die weiteren vier Umweltziele liegen bereits konkrete Vorschläge für die Umsetzung vor, sie wurden durch die Platform on Sustainable Finance“ vorgelegt und sollen nach einer Konsultationsphase zum 1. Januar 2023 Inkrafttreten.

Welche Auswirkungen hat die Implementierung der Taxonomieverordnung auf die Akteure?

Die Wirkung der Taxonomie ist im Kontext des Sustainable Finance Package der EU zu verstehen, dazu gehören auch umfassende Berichtspflichten für Unternehmen und den Finanzsektor.
Bereits seit März 2021 dürfen Finanzdienstleister nicht mehr einfach behaupten, dass ein Produkt nachhaltig ist, sondern müssen zusätzlich auch erklären, welche Kriterien sie dabei anlegen. Im Jahr 2022 muss die Finanzwirtschaft nun zum ersten Mal Daten darüber veröffentlichen, wie viele ihrer Vermögenswerte aus Branchen kommen, für die in der Taxonomie die Umweltkriterien definiert sind, in die also nachhaltig investiert werden kann. Auch für die Realwirtschaft gilt dann diese Berichtspflicht.

Mit Inkrafttreten der beiden ersten Ziele der Taxonomieverordnung müssen nun alle großen Firmen in Europa für das Jahr 2021 angeben, wie viele ihrer Aktivitäten in den Bereichen stattfinden, die von der Taxonomie abgedeckt werden. Für das Jahr 2022 müssen sie dann anhand ihres Umsatzes, ihrer Investitionsausgaben und ihrer Betriebsausgaben angeben, ob die Aktivitäten nach der Taxonomie ökologisch nachhaltig sind oder nicht. Die Berichtspflicht wird also stark ausgeweitet.

In Deutschland wird bisher von ca. einem Drittel der berichtspflichtigen Unternehmen der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) genutzt, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Der DNK bietet Unternehmen auch seit Inkrafttreten der Taxonomieverordnung die Möglichkeit, zu den wesentlichen Inhalten der Verordnung zu berichten. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen stellt dies einen Vorteil dar, da sie häufig keine eigene Nachhaltigkeitsabteilung haben und somit den DNK für die Berichterstattung zur Taxonomie nutzen können.


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Weitere Informationen zu unserer Unit: Sustainable Disruption 


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