LAG Düsseldorf: Anforderungen an den Schutz von Geschäftsgeheimnissen | 03.06.2020 (Az. 12 SaGa 4/20)

Urteil der Woche
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Als einer der ersten Gerichte hatte sich das LAG Düsseldorf im Jahr 2020 mit dem im April 2019 in Kraft getretenen Geschäftsgeheimnisgesetz (kurz GeschGehG) auseinandergesetzt. Mit dem GeschGehG wurde die Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung in deutsches Recht umgesetzt. Ganz allgemein regelt das GeschGehG, was Geschäftsgeheimnisse sind und wer sich auf den gesetzlich vorgesehenen Schutz berufen kann.

Worum ging es?

Im vorbezeichneten Urteil befasste sich das Gericht mit der Frage, welche Informationen Geschäftsgeheimnisse sein können und wie diese durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zu schützen sind.

Gegenstand des Rechtsstreits war eine Kundenliste sowie private Aufzeichnungen, welche der Beklagte als (ehemaliger) Mitarbeiter der Klägerin für seine Provisionsabrechnungen anfertigte. Die Klägerin hat gegen den Beklagten auf Unterlassung geklagt, die Kundenliste sowie die privaten Aufzeichnungen zu nutzen bzw. zu verwerten. Die Kundenliste erhielt neben den Namen der Kunden auch die erworbene Produktmenge und die bezahlen Preise. Nach seinem Austritt gab der Beklage weder die Kundenliste noch die privaten Aufzeichnungen zurück, sondern nutzte diese für die Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber. Bei dem neuen Arbeitgeber handelte es sich um einen Konkurrenten des vormaligen Arbeitgebers bzw. der Klägerin.

Kundenliste und private Aufzeichnungen als Geschäftsgeheimnisse?

Das LAG Düsseldorf hatte sich zunächst mit der Frage beschäftigt, ob es sich bei den persönlichen Aufzeichnungen und der Kundenliste überhaupt um Geschäftsgeheimnisse im Sinne des GeschGehG handelt.

Nach § 2 Nr. 1 GeschGehG ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information,

  • die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  • die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
  • bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Das Gericht stellte fest, dass sowohl die Kundenliste als auch die privaten Aufzeichnungen ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 Nr. 1 GeschGehG darstellen können. Entscheidend sei, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes (wirtschaftliches) Interesse an der Geheimhaltung der Informationen habe.

Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen?

In einem nächsten Schritt hatte das Gericht zu beurteilen, ob vorliegend durch den Arbeitgeber „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ getroffen wurden.

Eine, vorliegend im Arbeitsvertrag vereinbarte sog. „Catch-all“-Klausel, hielt das Gericht hinsichtlich der Kundenliste für nicht ausreichend. Hierbei handelt es sich um eine Klausel, durch die der/die Arbeitnehmer:in sich auf unbestimmte Zeit verpflichtet, alle Informationen geheim zu halten, die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses durch Angelegenheiten und Vorgänge im Zusammenhang mit der Tätigkeit für den Arbeitgeber erlangt wurden. Eine solche Klausel sei in den Augen der Richter zu pauschal.

Darüberhinausgehende Schutzmaßnahmen hatte die Klägerin nicht getroffen. Insbesondere hatte die Klägerin die Kundenliste nicht aktiv geschützt, indem er sie etwa bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Beklagten herausverlangte.

Anders beurteilte das LAG Düsseldorf die von der Klägerin getroffenen Maßnahmen bezüglich der persönlichen Aufzeichnungen des Beklagten. Hierfür existierte ebenfalls eine Geheimhaltungsklausel im Arbeitsvertrag, welche jedoch hinreichend bestimmt war und den Beklagten zur Rückgabe der vollständigen Geschäftsunterlagen verpflichtete. Zudem hatte die Klägerin – im Unterschied zu den Kundenlisten – auch keine Kenntnis von den persönlichen Aufzeichnungen. Daher konnten von ihm auch keine weiteren Geheimhaltungsmaßnahmen, die über die vertragliche Rückgabepflicht hinausgehen, verlangt werden.

Im Ergebnis bejahte das LAG Düsseldorf den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der privaten Aufzeichnungen: Dem Beklagten wurde untersagt, die privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder zu nutzen. Demgegenüber hielt das LAG Düsseldorf den Unterlassungsanspruch bezüglich der Kundenliste für unbegründet.

Fazit

Auch Jahre nach der Einführung des Geschäftsgeheimnisgesetztes bestehen immer noch Unsicherheiten, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, damit eine angemessene Schutzmaßnahme für Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 1 b) GeschGehG vorliegt. Einzelne Gerichtsentscheidungen, wie beispielsweise die behandelte Entscheidung des LAG Düsseldorf, sind lediglich richtungsweisend und können als Beispiel herangezogen werden.

Jedenfalls müssen Unternehmen nach dem GeschGehG aktiv werden: Damit sie sich auf den Geschäftsgeheimnisschutz berufen können, müssen sie zuvor „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ ergriffen haben. Wie das Urteil des LAG Düsseldorf zeigt, ist eine vertragliche Regelung hierfür nicht immer ausreichend. Unternehmen sollten daher nicht lediglich auf eine vertragliche Regelung vertrauen. Sie laufen sonst Gefahr, dass der Geschäftsgeheimnisschutz verloren geht.


Quellen:
LAG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2020 – 12 SaGa 4/20 – openJur

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