Tesla und der Datenschutz

Ein Ding der Unmöglichkeit?
© Foto von Bram Van Oost auf unsplash.com
© Foto von Bram Van Oost auf unsplash.com

Laut Statista wurden in den vergangenen 12 Monaten über 45.000 Tesla-Fahrzeuge in Deutschland neu zugelassen. Die Eröffnung der Tesla-Gigafactory in Grünheide am 22. März 2022, an der unter anderem Inhaber Elon Musk und Bundeskanzler Scholz teilnahmen, verdeutlicht die Präsenz des innovativen Unternehmens in Deutschland. Tesla-Autos stehen für Fortschritt und innovative Technologie, die das Fahrerlebnis revolutionieren.

Die erfassten Daten reichen von Standortinformationen und Geschwindigkeit des Fahrzeugs bis hin zu Fahrzeugdaten wie Reifendruck, Batteriestatus und mehr. Einige Modelle verfügen sogar über Kameras im Innenraum und Kameras, die die Umgebung des Fahrzeugs aufnehmen. Angesichts der intelligenten Sensoren, Kameras und anderer Datenerfassungsgeräte in diesen Fahrzeugen stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem Datenschutz.

Tesla und der Schutz der Privatsphäre: Ein Versprechen auf dem Prüfstand

„Ihre Privatsphäre ist und bleibt für uns von enormer Bedeutung“ – so lautet der Einleitungssatz der (deutschen) Tesla-Datenschutzerklärung. Zudem verspricht das Unternehmen, dass die Tesla-Fahrzeuge mit einer konfigurierten Kamera-Suite ausgestattet sind, „die Ihre Privatsphäre schützt und gleichzeitig fortschrittliche Funktionen wie Autopilot, Smart-Herbeirufen und Autoparken bietet“. Doch was steckt tatsächlich hinter diesem Versprechen?

Bereits in einem im Jahr 2020 veröffentlichten Gutachten des Netzwerks Datenschutzexpertise wurde festgestellt, dass Tesla-Fahrzeuge aufgrund erheblicher Verstöße gegen Datenschutzrecht nicht für den Einsatz auf europäischen Straßen zugelassen werden dürften. Der Verfasser der fast 40 Seiten umfassenden Studie ist der ehemalige Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert. Er listet darin eine Vielzahl potenzieller Rechtsverletzungen auf, die durch den kalifornischen E-Autobauer begangen werden.

So benenne Tesla für die jeweilige Datenverarbeitung keine präzisen Zwecke und verstoße damit gegen Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO. Ferner gebe Tesla nicht an, auf welcher Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO die jeweils von ihr vorgenommene Datenverarbeitung basiert. Schließlich genüge Tesla nicht den Anforderungen an die Datenminimierung und die Erforderlichkeit bei der Datenverarbeitung und genüge auch seiner Informationspflicht nach den Art. 13, 14 DSGVO nicht. Besonders problematisch: Der Wächtermodus.

Der Wächtermodus (englisch: Sentry Mode) ist eine Sicherheitsfunktion, die in vielen Tesla-Modellen integriert ist. Wenn der Wächtermodus aktiviert ist, wird das Auto in einen Überwachungsmodus versetzt. Dabei werden die Kameras und Sensoren des Fahrzeugs genutzt, um Ereignisse wie Bewegungen, Erschütterungen oder Annäherungen an das Fahrzeug zu erfassen. Es soll auf potenzielle Bedrohungen aufmerksam gemacht werden. Wenn eine solche Aktivität erkannt wird, wird das System aktiviert und beginnt, eine Aufzeichnung der Ereignisse zu erstellen.

So kann es beispielsweise vorkommen, dass eine Person, während die auf dem Supermarkt-Parkplatz die Einkäufe einräumt, von einem in der in der Nähe parkenden Tesla-Wagen, gefilmt wird. Denn schließlich könnte die Person eine mögliche Gefahr sein, welche den Wächter-Modus aktiviert.

Wie ist das mit dem Datenschutz vereinbar? Gar nicht – sagt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Laut dem Verband müssten Tesla-Besitzer gemäß der Datenschutzgrundverordnung bei zufällig gefilmten Passanten im Sichtfeld der Kameras jedes Mal eine Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten einholen. Dass eine datenschutzkonforme Nutzung praktisch unmöglich ist, verschweigt Tesla jedoch.

Der VZBV wirft dem E-Auto-Hersteller Tesla deshalb mangelnde Aufklärung der Käufer zum Datenschutz vor. Der Verband hat den Konzern deshalb im Juli 2022 vor dem LG Berlin verklagt.

Ein Urteil erging hinsichtlich dieser Problematik nicht mehr: Tesla hat nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin die vom VZBZ geforderte Untererlassungserklärung abgegeben. Der Elektroautobauer muss demnach die Werbung zum sogenannten „Wächter-Modus“ seiner Autos ändern. Neuerdings warnt das Benutzerhandbuch auf der deutschen Tesla-Webseite die Kunden vor dem Wächtermodus: „Allein Sie sind dafür verantwortlich, alle vor Ort geltenden Vorschriften und Eigentumsvorbehalte im Hinblick auf die Verwendung von Kameras zu prüfen und einzuhalten.“

Der Wächter-Modus als rechte Hand der Polizei?

Während der Wächter-Modus in Datenschützerkreisen höchst umstritten ist, hat die Funktion vor kurzem bei der Aufklärung einer Straftat geholfen. Eine Seniorin wurde in München von Trickbetrügern bestohlen. Die Täter waren kurz nach der Tat an dem Tesla vorbeigegangen und wurden dabei aufgenommen. Diese Aufnahmen halfen der Polizei später, die Täter zu überführen.

Tesla wieder im Rampenlicht: Neue Schlagzeilen sorgen für Aufregung

Ehemalige Mitarbeiter:innen von Tesla haben kürzlich behauptet, dass das Unternehmen Daten aus den Kameras seiner Fahrzeuge speichert. Dies hat erneut Fragen zum Datenschutz und zur Privatsphäre der Kunden/Kundinnen aufgeworfen.

Laut den Mitarbeiter:innen habe Tesla seit 2019 heimlich Videoaufnahmen von Kunden/Kundinnen gespeichert und diese Daten an Dritte weitergegeben. Diese Aufnahmen stammten angeblich von Kameras, die im Fahrzeuginneren installiert sind, um das Verhalten des Fahrers/der Fahrinnen zu überwachen. Die ehemaligen Mitarbeiter:innen teilten mit, dass die Daten ohne Wissen oder Zustimmung der Kunden/Kundinnen gesammelt wurden. Einige der Aufnahmen erwischten Tesla-Kunden/Kundinnen in peinlichen Situationen. So beschreibt etwa ein ehemaliger Mitarbeiter ein Video von einem Mann, der sich völlig nackt einem Fahrzeug nähert. Auch private Einblicke in die Garage oder gar in die eigenen vier Wände habe Tesla erhalten.

Tesla hat diese Vorwürfe vehement bestritten und betont, dass das Unternehmen die Privatsphäre seiner Kunden respektiert und alle geltenden Datenschutzgesetze einhält. In seiner Online-„Kundendatenschutzerklärung“ erklärt der Autohersteller, dass seine „Kameraaufnahmen anonym bleiben und nicht mit Ihnen oder Ihrem Fahrzeug verknüpft sind“. Darüber hinaus seien, so ein Tesla-Sprecher, die Kameras im Innenraum der Fahrzeuge nur aktiv, wenn der Wächtermodus oder die Überwachungsfunktion aktiviert ist und dass diese Aufnahmen ausschließlich auf dem Fahrzeug selbst gespeichert werden.

Datenschutz der Fahrzeughalter: Theoretisch gestaltbar, praktisch fragwürdig?

Tesla wirbt damit, dass der Fahrzeughalter den Datenschutz aktiv mitgestalten kann. Die tatsächliche Freiwilligkeit und Einwilligung in die Datenerhebung sind jedoch fragwürdig.

So besteht zwar die Möglichkeit, die Einstellungen zur Datenerhebung individuell anzupassen und eine Einwilligung zum Sammeln von Daten beim Kauf oder auch später zu verweigern oder zu widerrufen. Allerdings weist die Datenschutzerklärung von Tesla darauf hin, dass eine Ablehnung der Datenerfassung zu einer eingeschränkten Funktionalität führen kann. Wenn gewisse Funktionen nicht mehr einwandfrei laufen, ist ein geringerer Komfort zu erwarten. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Fahrzeughalter bewusst auf die Annehmlichkeiten verzichten möchte, die ursprünglich Grund für den Kauf eines Teslas waren.

Angesichts dessen muss kritisch festgestellt werden, dass der Datenschutz bei Tesla theoretisch vom Fahrzeughalter aktiv mitgestaltet werden kann, jedoch in der Praxis kaum eine echte Entscheidungsfreiheit besteht.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Tesla und der Datenschutz ein umstrittenes Thema sind. Insbesondere die Funktion des Wächter-Modus hat Bedenken hervorgerufen, da sie potenziell private Informationen von Passanten aufzeichnet.

Mit der zunehmenden Verbreitung des automatisierten Fahrens wird auch der Einsatz von Kameras in Zukunft voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen. Tesla und andere Autohersteller müssen sich daher jetzt und in der Zukunft der Herausforderung stellen, ihre Technologie (insbesondere Kameras) datenschutzkonform zu gestalten, so dass der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet ist.


Quellen:

https://www.vzbv.de/urteile/tesla-darf-nicht-uneingeschraenkt-fuer-den-waechter-modus-werben

Zur aktuellen Tesla-Datenschutzerklärung: https://www.tesla.com/de_de/legal/privacy#privacy-questions

Zum Gutachten des Netzwerks Datenschutzexpertise vom 19.10.2020: https://www.netzwerk-datenschutzexpertise.de/sites/default/files/gut_2020tesla.pdf

Total
0
Shares
Prev
ChatGPT
Podcast Folge 28

ChatGPT

Schwierigkeiten bei der Anwendung im Unternehmensalltag

Next
EuGH: Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO | 04.05.2023 (Rechtssache C300/21)
Markenparfüm Discounter

EuGH: Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO | 04.05.2023 (Rechtssache C300/21)

Urteil der Woche

You May Also Like