OVG Saarland: Verbot zur Nutzung von Daten aus allgemein zugänglichen Quellen für Telefonwerbung | 10.09.2019 (Az. 2 A 174/18)

Urteil der Woche
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Es ist allgemein bekannt, dass Direktwerbung, vor allem telefonische Werbung, eine effiziente Methode ist, um gezielt eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen.

In Deutschland unterliegt Telefonwerbung jedoch speziellen rechtlichen Bedingungen und Einschränkungen. Insbesondere das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) müssen beachtet werden.

Möchten Unternehmen Telefonwerbung ausüben, müssen sie sicherstellen, dass die Werbung rechtmäßig und zulässig ist. Hierbei spielt vor allem die Zustimmung der betroffenen Person sowie das “double-opt-out-Verfahren” eine entscheidende Rolle.

Wann ist Telefonwerbung zulässig?

In Deutschland ist Telefonwerbung grundsätzlich an bestimmte rechtliche Voraussetzungen gebunden. Die wichtigsten Regeln für Telefonwerbung in Deutschland sind:

Einwilligung: Telefonwerbung ist nur zulässig, wenn die betroffene Person ausdrücklich und vorab in die Kontaktaufnahme für Werbezwecke eingewilligt hat. Diese Einwilligung muss freiwillig, informiert und eindeutig sein.

Verbraucherschutz: Es gelten bestimmte Schutzbestimmungen für Verbraucher. Werbeanrufe dürfen beispielsweise nicht zu ungewöhnlichen oder unangemessenen Zeiten erfolgen (z.B. nachts) und Verbraucher dürfen nicht belästigt oder unter Druck gesetzt werden.

Bestandskunden: Bei bestehenden Kundenbeziehungen können Unternehmen ihre Kunden telefonisch zu ähnlichen Produkten oder Dienstleistungen kontaktieren, wenn die Kontaktdaten im Rahmen eines vorherigen Geschäftsverhältnisses erhoben wurden und der Kunde der Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken nicht widersprochen hat.

Opt-out-Möglichkeit: Bei jeder Telefonwerbung muss dem Angerufenen die Möglichkeit gegeben werden, der weiteren Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken zu widersprechen. Dies kann beispielsweise durch die Einrichtung einer Opt-out-Liste erfolgen.

Keine Einwilligung – Verstoß gegen das UWG

Ein Werbeanruf ohne eine Einwilligung gilt grundsätzlich als unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und als Ordnungswidrigkeit gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Bundesnetzagentur kann hierfür Geldbußen in Höhe von bis zu 300.000 EUR verhängen.

Zudem wurde mit dem Inkrafttreten des Gesetzes für faire Verbraucherverträge am 1.10.2021 der neue § 7a UWG eingeführt, der Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für die Einwilligung von Verbrauchern in Telefonwerbung beinhaltet. Diese Vorschrift ist von Unternehmen dringend zu beachten.

Und das Datenschutzrecht?

Was viele nicht wissen: Auch datenschutzrechtlich ist die unerlaubte Telefonwerbung ein Problem. So kann es sich bei einer unerlaubten Telefonwerbung ohne die erforderliche Einwilligung der betroffenen Person um eine unzulässige Nutzung personenbezogener Daten, insbesondere von Telefonnummern, handeln. Unternehmen haben in diesen Fällen daher auch mit Sanktionen aus dem Datenschutzrecht zu rechnen.

Der Fall des OVG Saarland

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarland hatte entschieden, dass ein Datenschutzverstoß auch dann vorliegt, wenn allgemein zugängliche Daten gespeichert werden, um sie für unerlaubte Telefonwerbung zu nutzen. Dem vorausgegangen war ein Fall, bei dem eine Klägerin Kontaktdaten von Zahnarztpraxen und Dentallaboren aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen sammelte und für Werbezwecke speicherte. Nachdem der Datenschutzbeauftragte des Saarlands auf diese Praxis aufmerksam wurde, forderte er die Klägerin auf, den Prozess der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten offenzulegen und ordnete an, dass die Klägerin die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten für telefonische Werbeansprachen nur mit Einwilligung oder bestehendem Geschäftsverhältnis einstellen und die gespeicherten Daten löschen müsse.

Dagegen wehrte sich die Klägerin. Das Gericht hat jedoch entschieden, dass der Umgang der Klägerin mit personenbezogenen Daten gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt. Es wurde festgestellt, dass in den Fällen, in denen die Klägerin die Praxisdaten aus öffentlichen Verzeichnissen gewonnen hat, keine explizite Einwilligung der betroffenen Personen gemäß § 4a Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG vorliegt. Als einzige rechtliche Grundlage für die Verwendung personenbezogener Daten zu Werbezwecken kommt daher § 28 Abs. 3 BDSG infrage. Diese Vorschrift stellt eine abschließende Spezialregelung für die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke dar. Allerdings waren die erforderlichen Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt.

Somit bestätigte das Verwaltungsgericht Saarland die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Datenschutzbeauftragten und wies die Klage ab. Die beim OVG Saarland eingelegte Berufung der Klägerin blieb ebenfalls erfolglos.

Gut zu wissen: Telefonische Einwilligung reicht nicht

Im vorliegenden Fall argumentierte die Klägerin, dass sie im ersten Telefonat die Einwilligung der angerufenen Personen für die nachfolgende eigentliche Werbung eingeholt hatte. Deshalb sei das darauffolgende Gespräch aus rechtlicher Sicht zulässig gewesen.

Diese Argumentation überzeugte das Gericht jedoch nicht. Bereits der erste Anruf muss von einer zuvor erteilten Einwilligung gedeckt sein. Andernfalls könnte der Missbrauchs- und Belästigungsschutz des § 7 Abs. 1 Nr. 2 UWG und auch des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO umgangen werden.


Quellen:

Zum Urteil: https://openjur.de/u/2326507.html

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