UWG & Preisangabenverordnung: Anzeigen ohne Umsatzsteuer? 

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Dieser Artikel beantwortet Ihnen folgende Fragen:

Inwieweit können unklare Preisangaben in der Online-Werbung den Wettbewerb zwischen Unternehmen beeinflussen?
Was regelt die Preisangabeverordnung?
Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Werbung die gesetzlichen Anforderungen an die Preisangaben erfüllt?

OLG Schleswig 15.06.2023 (Az. 6 W 9/23) 

0 % Umsatzsteuer – Ist das möglich? Wer profitiert von diesem Steuersatz und welche Voraussetzungen müssen bei der Preisanzeige in einer ‘Google Shopping’-Anzeige gemäß UWG und der Preisangabenverordnung erfüllt sein? Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat hierzu im Sommer 2023 ein Urteil gefällt. 

Gut zu wissen: In Deutschland ist “Mehrwertsteuer” der umgangssprachliche Begriff für die Umsatzsteuer. Beide Begriffe werden jedoch synonym verwendet, um die Steuer auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen zu beschreiben. Sie wird vom Endverbraucher gezahlt und von Unternehmen an den Staat abgeführt.

Was war passiert? 

Die Antragsgegnerin vermarktet Batteriespeicher für Photovoltaik, auch als Heimspeicher bekannt, über das Internet. Dabei bewarb sie ein Produkt auf Google Shopping mit dem Nettopreis, der 0 % Umsatzsteuer entspricht, gemäß § 12 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Dies resultierte aus der Anwendung der Umsatzsteuerermäßigung auf 0 % für Lieferungen von Solarmodulen inklusive Speicher und anderen wesentlichen Komponenten für Privathäuser, Wohnungen oder öffentliche Gebäude seit dem 1. Januar 2023.

Umsatzsteuergesetz
§ 12 Steuersätze

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).
(2) […]
(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. […]

Ein Wettbewerber beantragte daraufhin per einstweiliger Verfügung, der Antragsgegnerin zu untersagen, für Batteriespeicher für Photovoltaik mittels einer sogenannten Google-Shopping-Anzeige zu werben, wenn der Nettoverkaufspreis ohne weitere Kennzeichnung angezeigt wird. Das zuständige Landgericht wies den Antrag in einem Beschluss zurück. Es argumentierte, dass der überwiegende Adressatenkreis voraussichtlich Verbraucher seien, da die angebotene Leistung typischerweise im häuslichen Bereich anfalle. Für diese gelte der reduzierte Steuersatz. 

Die Entscheidung des OLG 

Gegen diesen Beschluss legte die Antragstellerin Einspruch zum OLG Schleswig ein: Mit Erfolg! Das OLG stellte fest, dass die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG sowie § 5a Abs. 2, 3 Nr. 3, Abs. 4 UWG vorliegen. Der in der Google-Anzeige genannte Preis verstößt gegen die Anforderungen der Preisklarheit und Preiswahrheit, da nicht ersichtlich ist, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer beinhaltet und an welche Bedingungen dieser Steuersatz gebunden ist.

Gut zu wissen: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verlangt von Unternehmen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit. Dies bedeutet, dass Preisangaben transparent und verständlich sein müssen, um Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen. Zusätzlich ist in der Preisangabeverordnung die Angabe von Preisen gegenüber Verbrauchern, nicht jedoch gegenüber Unternehmen, näher geregelt.

Das Problem dabei?

Das Problem dabei ist, dass tatsächlich auch Verkehrskreise durch die Werbung angesprochen werden, die nicht der Regelung des § 12 Abs. 3 UStG n. F. unterfallen.

Denn entgegen der Meinung der Antragsgegnerin und des Landgerichts richtet sich die Anzeige nicht ausschließlich an Verbraucher, die generell der Regelung über den auf 0% reduzierten Umsatzsteuersatz unterliegen. Die angesprochenen Zielgruppen umfassen auch Unternehmer, möglicherweise auch Kleinunternehmer, die ihren Geschäftsbetrieb mit selbst erzeugtem Strom betreiben möchten.

Zumindest der angesprochene Verkehrskreis der Unternehmer, der den Batteriespeicher für den eigenen Betrieb verwenden will, wird durch die Preisangabe getäuscht.

so das OLG in den Urteilsgründen.

Zudem fehlt es an einem aufklärenden Hinweis zur Preisangabe in der Google-Anzeige, also Erläuterungen dazu, unter welchen Voraussetzungen der reduzierte Umsatzsteuersatz gilt.

Die beanstandete Anzeige enthielt jedoch keinerlei Erläuterungen zu den Bedingungen des reduzierten Umsatzsteuersatzes. Dies führt zu einem Anlockeffekt: Von der nicht weiter erläuterten Angabe des Nettopreises geht ein Anlockeffekt aus. Denn die Angabe des Kaufpreises ohne Hinweis auf den Umsatzsteuersatz und dessen Voraussetzungen in einem Anzeigenportal, wie Google dies für die beanstandete Anzeige vorhält, kann eine für die Kaufentscheidung wesentliche Weichenstellung herbeiführen, weil ein Interessent, der sich mit Hilfe von Preisvergleichsportalen über ein Produkt informiert, sich nach allgemeiner Lebenserfahrung bevorzugt mit den preisgünstigsten Angeboten befassen und über die elektronische Verknüpfung die Internetseite dieses Anbieters aufsuchen wird.“ – so das OLG.

Die Werbung ist daher geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber:innen und zum Nachteil der Kunden und Kundinnen mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Praxishinweis

Diese Entscheidung verdeutlicht zwei wichtige Aspekte: 

Online-Werbung kann schwerlich einen exklusiven Adressatenkreis rechtssicher ansprechen. Die Verwendung von Nettopreisen in der Werbung ist kritisch, da ein durchschnittlicher Verbraucher erwartet (so schreibt es die Preisangabeverordnung auch vor), dass Gesamtpreise inklusive voller Umsatzsteuer angezeigt werden. Eine Werbung mit Nettopreisen ist nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass die Adressaten der Werbung zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. 

Bei unklaren Preisangaben sollte ein aufklärender Hinweis deutlich und am Blickfang teilnehmend platziert werden. Ein allgemeiner Hinweis an anderer Stelle in der Werbung reicht nicht aus, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Eine klare Zuordnung des Hinweises zur Preisangabe, beispielsweise durch ein deutliches Sternchen neben der Preisangabe, ist erforderlich. 


Das gesamte Urteil mit offizieller Erklärung des OLG Schleswig finden Sie hier.

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